Natalizumab - Anwendung, Wirkung, Nebenwirkungen | Gelbe Liste (2024)

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Natalizumab (Tysabri) ist ein humanisierter monoklonaler Anti-a4-Integrin-Antikörper, der zur Behandlung von hochaktiver, rasch fortschreitender remittierender Multipler Sklerose (RRMS) indiziert ist. Eine potenzielle, schwerwiegende und Therapie-limitierende Nebenwirkung von Natalizumab ist die progressive multifokale Leukenzephalopathie (PML), die durch eine Aktivierung des JC-Virus hervorgerufen wird.

Natalizumab: Wirkstoff-Monographien

Natalizumab 20 mg/ml Flüssigkonzentrat zur Infusion (Parenterale Anwendung)

Natalizumab: Übersicht

Anwendung

Wirkmechanismus

Dosierung

Nebenwirkungen

Wechselwirkungen

Kontraindikationen

Schwangerschaft

Stillzeit

Verkehrstüchtigkeit

Anwendungshinweise

Alternativen

ATC Code

  • L04AA23 - Natalizumab

Anwendung

Natalizumab (Tysabri) wird angewendet für die krankheitsmodifizierende Monotherapie bei Erwachsenen mit hochaktiver, schubförmig remittierend verlaufender Multipler Sklerose (RRMS) bei

  1. Patienten mit hochaktiver Erkrankung trotz Behandlung mit einem vollständigen und angemessenen Zyklus mit mindestens einer krankheitsmodifizierenden Therapie (DMT) oder
  2. Patienten mit rasch fortschreitender RRMS, definiert durch 2 oder mehr Schübe mit Behinderungsprogression in einem Jahr, und mit 1 oder mehr Gadolinium-anreichernden Läsionen in der Magnetresonanztomographie (MRT) des Gehirns oder mit einer signifikanten Erhöhung der T2-Läsionen im Vergleich zu einer kürzlich durchgeführten MRT.

Vor der Anwendung muss sich der Arzt vergewissern, dass Patienten von vorhergehender Therapie nicht mehr immungeschwächt sind, da Immunsuppressiva wie bspw. Mitoxantron, Cyclophosphamid oder Azathioprin zu einer anhaltenden Immunsuppression führen können.

Darüber hinaus soll vor Beginn der Behandlung eine aktuelle MRT-Aufnahme vorliegen, die als Vergleichsaufnahme bei zukünftiger MRT-Untersuchung auf eine progressive multifokale Leukenzephalopathie (PML), eine Virusinfektion des zentralen Nervensystems, herangezogen werden kann.

Nach 2-jähriger Behandlung muss eine erneute Aufklärung der Patienten über die Risiken, insbesondere über das erhöhte Risiko einer PML, erfolgen und die Patienten sollten zusammen mit ihren Pflegepersonen über erste Anzeichen einer PML und deren Symptome in Kenntnis gesetzt werde.

Anwendungsart

Natalizumab ist in Form einer Infusionslösung und als Fertigspritze zur intravenösen Anwendung erhältlich.

Wirkmechanismus

Natalizumab ist ein humanisierter monoklonaler Anti-α4-Integrin-Antikörper, der an die α4-Untereinheit von α4β1- und α4β7-Integrinen bindet und so die Bindung an ihre Endothelrezeptoren blockiert, wodurch die ZNS-Entzündung reduziert werden soll. Darüber hinaus wirkt Natalizumab auch durch eine Hemmung der Wechselwirkung zwischen α4-positiven Leukozyten, Fibronektin und Osteopontin.

Pharmakokinetik

Resorption

  • Nach wiederholter intravenöser Gabe einer 300 mg-Dosis Natalizumab betrug die mittlere maximale Serumkonzentration bei MS-Patienten 110 ± 52 μg/ml.
  • Die mittleren Talspiegel von Natalizumab im Steady-State während des Verabreichungszeitraums lagen im Bereich von 23 μg/ml bis 29 μg/ml.
  • Die vorhergesagte Zeit bis zum Erreichen des Steady-State betrug etwa 24 Wochen.

Verteilung

  • Das mediane Verteilungsvolumen im Steady-State betrug 5,58 l (95%-KI: 5,27–5,92 l).

Elimination

  • Für diese Population betrug der geschätzte Medianwert für die lineare Clearance 6,21 ml/h, (95%-KI: 5,60–6,70 ml/h) und die geschätzte mediane Halbwertszeit 26,8 Tage.
  • Das 95.Perzentil-Intervall der terminalen Halbwertszeit lag zwischen 11,6 und 46,2 Tagen.
  • Die Natalizumab-Clearance erhöhte sich unterproportional mit dem Körpergewicht, so dass eine +/- 43%ige Veränderung des Körpergewichts zu einer lediglich -38 bis 36%igen Veränderung der Clearance führte.
  • Das Vorliegen von persistierenden Anti-Natalizumab-Antikörpern erhöhte die Natalizumab-Clearance um etwa das 2,54-Fache, was mit den reduzierten Natalizumab-Konzentrationen im Serum übereinstimmt, die bei persistierend Antikörper-positiven Patienten beobachtet werden.

Dosierung

Die Dosierungsempfehlung beträgt 300 mg Natalizumab einmal alle 4 Wochen als intravenöse Infusion. Nach einer Therapiedauer von zwei Jahren sollte eine Fortsetzung der Natalizumab-Behandlung nur dann erfolgen, wenn zuvor eine erneute Nutzen-Risiko-Abwägung vorgenommen wurde.

Nebenwirkungen

Die am häufigsten in klinischen Studien beobachteten Nebenwirkungen waren:

  • Kopfschmerzen (32%)
  • Nasopharyngitis (27%)
  • Fatigue (23%)
  • Harnwegsinfektion(16%)
  • Übelkeit (15 %)
  • Arthralgie (14%)
  • Schwindel (11 %)

Wechselwirkungen

Natalizumab ist in Kombination mit anderen krankheitsmodifizierenden Therapien kontraindiziert, da dies das Risiko für Infektionen, auch für opportunistische Infektionen, erhöht.

Die Anwendung von Lebendimpfstoffen wurde nicht untersucht.

Kontraindikationen

Natalizumab darf nicht angewendet werden bei:

  • Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
  • Progressive multifokale Leukenzephalopathie (PML)
  • Patienten mit einem erhöhten Risiko für opportunistische Infektionen, wie immungeschwächte Patienten (einschließlich solcher Patienten, die aktuell eine immunsuppressive Behandlung erhalten oder durch frühere Therapien immungeschwächt sind)
  • Kombination mit anderen krankheitsmodifizierenden Therapien
  • Bekannten aktiven Malignomen mit Ausnahme von Patienten mit einem Basaliom

Schwangerschaft

Für Natalizumab konnte in tierexperimentellen Studien eine Reproduktionstoxizität festgestellt werden.

Nach Markteinführung wurde bei Säuglingen von Müttern unter Natalizumab während der Schwangerschaft, über Fälle von Thrombozytopenie berichtet, weshalb Thrombozytenzahlen von Neugeborenen, deren Mütter während der Schwangerschaft gegenüber Natalizumab exponiert waren, überprüft werden sollen.

Insgesamt betrachtet sollte Natalizumab während der Schwangerschaft nur dann angewendet werden, wenn dies für die Frau eindeutig erforderlich ist.

Stillzeit

Natalizumab wird in die Muttermilch ausgeschieden. Es ist jedoch nicht bekannt, ob der Antikörper Auswirkungen auf Neugeborene/Kinder hat, weshalb während der Behandlung das Stillen unterbrochen werden sollte.

Verkehrstüchtigkeit

Da Natalizumab zu Schwindel führen kann, hat die Anwendung geringen Einfluss auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen.

Anwendungshinweise

Die Anwendung von Natalizumab ist mit einem Risiko für das Auftreten einer progressiven multifokalen Leukenzephalopathie (PML) assoziiert. Hierbei handelt es sich um eine durch das John-Cunningham-Virus (JCV) verursachte Gehirninfektion, die insbesondere nach 24 Dosen und bei Patienten, die zuvor immunsuppressive Medikamente erhalten haben, beobachtet wurde. Ausdiesem Grund soll bei langfristiger Natalizumab-Therapie oder immunsuppressiv vorbehandelten und JCV-Antikörper-positiven Patienten, die Fortsetzung oder das Absetzen von Natalizumab nach 24 Dosen besprochen werden.

Das jährliche PML-Risiko für Patienten ohne vorherige Immunsuppression steigt während des zweites Behandlungsjahres auf 1:1000 für Patienten mit einem JCV-Index von mehr als 1,5. Patienten mit einem JCV-Index zwischen 0,9 und 1,5 haben ein niedrigeres Risiko von 0,3:1000 am Ende des zweiten Jahres (Risiko im ersten Jahr 0,1:1000).

Alternativen

Bei der RRMS sollte eine verlaufsmodifizierende Therapie möglichst frühzeitig nach Diagnosestellung beginnen. In Abhängigkeit von der individuellen Situation des Patienten können verschiedene Wirkstoffe eingesetzt werden:

  • Azathioprin ist in der Basistherapie der RRMS wirksam. Eine Indikation besteht bei schubförmiger MS, wenn eine immunmodulatorische Therapie angezeigt und eine Therapie mit Beta-Interferonen nicht möglich ist, oder unter einer bisherigen Therapie mit Azathioprin ein stabiler Verlauf erreicht wurde.
  • Beta-Interferone sind ebenfalls für die Basistherapie der RRMS zugelassen und wirksam. Eine Überlegenheit in der Langzeitbehandlung und -verträglichkeit gegenüber Azathioprin ist bisher nicht gezeigt worden

Weitere Informationen sind der jeweiligen Fachinformation zu entnehmen.

Autor:

Désirée Christin Flügel (Apothekerin)

Stand:

18.01.2022

Quelle:

  1. https://www.ema.europa.eu/en/documents/product-information/tysabri-epar-product-information_de.pdf
  2. Clerico, Marinella, et al. "Natalizumab in multiple sclerosis: long-term management." International journal of molecular sciences 18.5 (2017): 940.
  3. https://www.kbv.de/media/sp/Natalizumab.pdf
  4. DGN: PML-Risiko steigt mit jeder Natalizumab-Infusion: neue Daten zur Risikostratifizierung, 28.11.2017
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